Krematorium
Am Waldfriedhof

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Irmgard Gretel Nadolnygestorben am 24. Dezember 2021

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Das Leben ist wie eine Treppe: Wir wissen nie, ob es mit uns aufwärts oder abwärts geht.
Bereits als Kind hatte meine Mama große Treppen zu bewältigen. Denn kurz bevor sie 10 Jahre alt war, ging sie gemeinsam mit ihrer Mama, ihren Geschwistern, ihren Tanten, ihren Cousins und ihrer Cousine zu Fuß los. Sie gingen einen langen Weg auf der Suche nach Sicherheit und Geborgenheit. Mitten im Krieg, von Königsberg in Ostpreußen, damals dem äußersten Zipfel Deutschlands, immer in Richtung Westen. Erst nach etwa 18 Monaten erreichten sie ihre neue Heimat.
Glückliche Jahre, von denen sie immer gerne berichtet hat, erlebte sie in einem kleinen Bahnhaus in Hessen, bei Rotenburg an der Fulda. Zusammen mit Ihren 4 Geschwistern und ihren Eltern wohnte sie auf minimalem Platz und in sehr einfachen Verhältnissen.
Sie beschrieb es in ihren Erzählungen immer als ihre große Freiheit. Ging in der naheliegenden Fulda mit Ihren Geschwistern schwimmen, durchstreifte die angrenzenden Wälder nach Beeren und Pilzen. Eine einfache aber sehr glückliche Kindheit.
Als junge Erwachsene machte sie eine Ausbildung zur Stickerin in einer entfernt gelegenen Stadt, da es in der sehr provinziell gelegenen Heimat, keine Arbeitsplätze gab.
Im Anschluss ging sie zum Arbeiten in die Schweiz. Doch auch dort wurde sie nicht ansässig und machte sich auf der Suche nach Arbeit auf, ins gelobte Schwabenland.
Dort traf sie zufällig auf meinen Papa, der sie vom ersten Moment an, so sagte er immer, einfach toll fand und sich verliebte. Sie verlobten sich, heirateten, zogen zusammen, arbeiteten gemeinsam, waren glücklich und zu ihrem großen Glück kam ein neues kleines Glück hinzu. Meine Schwester Hilke. Nach weiteren sechs Jahren dann ich....Meine Mutter blieb für uns Kinder zu Hause und kümmerte sich fortan fürsorglich um uns.
Am schönsten in meiner Erinnerung sind die Ausflüge die meine Mutter stets mit uns machte. Baden gehen im Ebnisee, oder ins Freibad nach Oppenweiler, Pilze suchen in Morbach Platte... Oder wir gingen einfach gemeinsam in das große Gartengrundstück das meine Eltern damals gekauft hatten.
In diesem Garten hat meine Mutter ihr großes Hobby gelebt. Das Gärtnern. Auch wir hatten unsere Aufgaben in diesem Garten, sei es nach dem Mähen, das Gras zusammen zu rechen. Oder im Sommer das Ernten und versorgen der Himbeeren, Brombeeren oder roten Johannisbeeren. Im Herbst dann das Zusammenlesen der Äpfel. Hier durften wir dann den Ertrag aus dem Apfelberg, den wir in Neuhof beim Entsaften abgeliefert haben, immer behalten. Mama war eine großzügige und liebe Mutter.
Nicht immer waren Hilke und ich einfache und angenehme Kinder. So stritten wir uns lautstark und bewarfen uns auch gelegentlich mit den Dingen, die wir gerade in den Händen hielten. So bewarf ich Hilke einmal mit den Brombeeren die ich gerade erntete. Mama sagte nur, dass ich es lassen solle, denn es gäbe Flecken, die aus den guten Kleidern nie mehr herausgehen würden. Wenn wir uns aus voller Kehle zankten, bat sie immer darum, es leiser zu tun, damit wir unsere Umwelt nicht so sehr stören.
Sie war, in Bezug auf ihre Mitmenschen, ausgleichend. Ab und an mochte sie auch sehr gerne ihre Ruhe. Dann zog sie sich zurück und las.
Die letzten 61 Jahre haben meine Eltern miteinander verbracht. Und tatsächlich glaube ich stimmt der folgende Spruch: man ist wie eine Farbe. Nicht jeder wird einen mögen. Doch es wird immer jemanden geben, dessen Lieblingsfarbe man ist. So war das mit den beiden auch.
Jetzt nach 61 Jahren haben sich ihre Wege nur 4 Wochen getrennt und das Leben ist jetzt wie eine Pusteblume: Wenn die Zeit gekommen ist, muss jeder für sich alleine fliegen... wo auch immer sie landen mögen, wir alle werden sie vermissen.